Gewässerrandstreifenprojekt Ill

Das Gewässerrandstreifenprojekt Ill wurde von August 1992 bis Ende 2005 vom jetzigen Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit 73% sowie des jetzigen Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz in Saarbrücken mit 16% gefördert. 11 % steuerte der Zweckverband Illrenaturierung dazu. Die Kosten beliefen sich auf rund 17 Mio €. Das Projektgebiet umfasst das gesamte Einzugsgebiet der Ill mit rund 125 km2. Die gesamte Gewässerlänge (inkl. der Nebenbäche) beträgt rund 140 km. Die Größe des Kernbereiches wurde gemäß Pflege- und Entwicklungsplan auf etwa 1.100 ha festgelegt.

Die Ill ist ein typischer Mittelgebirgsbach, der auf einer Lauflänge von ca. 30 km eine Höhendifferenz von 170 m überwindet. Der Jahresniederschlag liegt im Durchschnitt zwischen 850 und 900 mm.
Die Biotopausstattung der Kernbereichsflächen ist im Wesentlichen durch Wald, Grünland unterschiedlichster Differenzierung, Sukzessionsflächen und Ufergehölzsäume geprägt.
Als Besonderheit im Zusammenhang mit Naturschutzgroßprojekten dürfte wohl die Lage des Gebietes am Rande des saarländischen Verdichtungsraumes gelten; immerhin liegt die Bevölkerungszahl allein der vier Gemeinden des Zweckverbandes Illrenaturierung (Eppelborn, Illingen, Marpingen und Merchweiler) bei etwa 61.000 Einwohnern. Dies deutet einerseits auf ein hohes Naturschutzkonfliktpotential aufgrund konkurrierender Nutzungsansprüche hin; andererseits zeichnet sich dieses Projekt mit seinen Ansprüchen bezüglich einer Vorrangstellung für den Naturschutz in den Kernbereichen und den durchgeführten Biotop lenkenden Maßnahmen durch eine sehr große "Oberfläche" zur Bevölkerung aus im Hinblick auf Erfordernis, Sinnhaftigkeit und letztlich Akzeptanz.

Grundsätzlich steht die Wiederherstellung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässer-Aue-Systems im Vordergrund. Um dieses erreichen zu können, werden folgende Ziele konkretisiert:

1. Ausreichend hohe Gewässergüte

Die Gewässerökologie unterscheidet hinsichtlich der Belastung von Fließgewässern vier Belastungsstufen und damit Güteklassen, und zwar von Güteklasse I (wenig belastet) bis IV (übermäßig belastet). Aus der Sicht einer möglichst naturnahen Situation der Bäche folgt daher die Forderung, in kleinen Nebenbächen die Klasse I-II, im Hauptgewässer, der Ill, die Gütestufe II zu erreichen. Zu Beginn des Projektes 1992 war man insbesondere wegen des Alters der bestehenden Kläranlagen und Sammlersysteme weit von diesem Ziel entfernt.
Obwohl, außer durch Nutzungsextensivierung und Anlage nicht genutzter Uferrandstreifen bzw. Umwandlung von Ackerflächen in Grünland, dieses Ziel nicht unmittelbar Gegenstand der Förderung gemäß den Richtlinien ist, hat es doch herausragende Bedeutung für dieses Renaturierungsvorhaben schlechthin.
Im Projektgebiet des 'Gewässerrandstreifenprojektes Ill' wurden und werden folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässergüte vom Entsorgungsverband Saar (EVS) bzw. den vier Zweckverbandsgemeinden umgesetzt:

  • Sanierung der Kläranlage Illingen-Wustweiler ausgelegt für 41.000 Einwohner
  • Sanierung der Kläranlage Eppelborn-Dirmingen ausgelegt für 16.500 Einwohner
  • Sanierung der Kläranlage Bubach-Calmesweiler ausgelegt für 29.000 Einwohner
  • Sanierung der Schmutzwassersammler und Anpassung der Regenwasserbehandlung an den Stand der Technik
  • Fremdwasserentflechtungsmaßnahmen in allen vier Zweckverbandsgemeinden

Insgesamt dürften die Kosten für alle Maßnahmen an die 50 Mio. € ausmachen, wobei die wichtigsten bis zum Ende der Projektlaufzeit, zum Jahr 2004, abgeschlossen sein werden.
Durch die bereits umgesetzten Maßnahmen wurde das gesteckte Güteverbesserungsziel bereits weitgehend erreicht.

Die Ill führt wieder so sauberes Wasser wie seit einigen Jahrzehnten nicht mehr.

2. Wiederherstellung der biologischen Durchgängigkeit

Fast alle im Fließgewässer lebenden Tierarten führen tages- oder jahreszeitlich bedingte "Wanderungen" durch. Dabei suchen sie entweder Nahrungs- oder Laichplätze oder auch Schutz- und Rückzugsräume auf. Die Distanzen, die sie dabei zurücklegen schwanken zwischen wenigen Dezimetern bis zu Distanzen zwischen 10 und 20 Kilometern. Insbesondere für die verschiedenen Fischarten müssen deshalb die jeweiligen Bachabschnitte erreichbar sein und dürfen nicht von Querbauwerken, Teichen, Verrohrungen oder Verbauungen unterbrochen sein.

Um die "Funktionsfähigkeit" des Gewässersystems für die Bewohner wiederherzustellen, mussten deshalb zahlreiche Barrieren entfernt oder umgestaltet werden.

Beispiele für Biotoplenkende Maßnahmen, die dazu beitragen, dass die Bäche im Projektgebiet des 'Gewässerrandstreifenprojektes Ill' wieder durchgängig wurden, sind unter "Maßnahmen" zu finden.

3. Erhaltung/Förderung einer gewässertypischen Dynamik

Naturnahe Fließgewässer und die daran angrenzenden Auen gehören zu den dynamischsten Lebensräumen in Mitteleuropa überhaupt. Insbesondere durch die Kräfte des Hochwassers werden ständig Veränderungen der Ufer- und Sohlbereiche geschaffen:
Uferabbrüche, Sedimentablagerungen und Eintiefungen der Sohle sind die Voraussetzungen für ein vielfältiges und artenreiches Leben im Bach.

Um solche Prozesse, insbesondere außerhalb der Ortslagen (wieder) zuzulassen, braucht das Gewässer Raum. Durch Ankauf von ufernahen Grundstücken und zumindest die Einrichtung nicht mehr genutzter Uferrandstreifen wird dieser Raum dauerhaft gesichert.

Das Belassen oder auch gezielte Einbringen von "Totholz" (umgestürzte Bäume, Wurzelteller, etc.) ist dabei eine kostengünstige und effiziente Maßnahme zur Revitalisierung der ursprünglichen Gewässerdynamik.

Das Zulassen dieser Wasserwildnis ist deshalb eines der Hauptanliegen des 'Gewässerrandstreifenprojektes Ill'.

4. Retention und Wiedervernässung

Ein weiterer "Motor" des Artenreichtums unserer Talauen ist neben der gestalterischen Kraft des Hochwassers das Wechselspiel von Überflutung und Trockenfallen der Bachbegleitenden Flächen (Aue). Dabei wirkt die Aue als Rückhalteraum (Retentionsraum) und "Schwamm", der Wasser in der Landschaft speichert.

In den zurückliegenden Jahrzehnten ist diese Funktion zu großen Teilen verloren gegangen: Die Bäche haben sich eingetieft und entziehen damit den angrenzenden Flächen das Wasser; Auwiesen wurden mit Hilfe von Dränagen zur besseren Bewirtschaftung trockengelegt. Dies führte in der Summe dazu, dass typischen Pflanzen- und Tierarten diese Lebensräume selten geworden sind.

Wo immer möglich, soll deshalb der Abfluss des Wassers gebremst, Dränagen zerstört und die Fläche für Überflutung vor Bebauung freigehalten werden.

5. Extensivierung und Ausmagerung

Eine Naturschutzorientierte Grünlandnutzung, die nicht ausschließlich Ertragsorientiert (extensiv) ist, stellt einen wichtigen Beitrag zu Förderung und Erhalt des Artenreichtums der Landschaft dar.

Auch in der von Natur aus eher nährstoffreichen Talwiese kann durch Verzicht auf Düngung und spätere Mähzeitpunkte, als heute üblich, oder auch durch angepasste Beweidung die Wiesen wieder bunter und insgesamt artenreicher werden.

Voraussetzung ist selbstverständlich die konstruktive Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Landwirt.

Durch Flächenankauf und insbesondere -tausch mit Flächen außerhalb der Kernzonen ist es gelungen, ein Mosaik unterschiedlich genutzter Grünlandbereiche entstehen zu lassen, bei dem der Entzug von Biomasse durch Mähen oder Beweidung mittel- und langfristig zu einer Nährstoffreduktion = Ausmagerung führen soll.

Impressionen