Effizienzkontrolle der Gewässerentwicklungsmaßnahme „Wiederherstellung der Durchgängigkeit des Düsterbachs bei Wustweiler“

Anlass und Fragestellung

Eine Aufgabe des Zweckverbandes Natura Ill-Theel ist nach § 2 (1) seiner Satzung die Evaluierung durchgeführter Maßnahmen. Am Düsterbach bei Wustweiler wurde im Herbst 2020 ein Absturz hinter einer Verrohrung unter einem Forstweg entfernt, um das Fließgewässer nochmals durchgängig für wandernde Organismen zu gestalten (wir berichteten: Link). So fordert es es auch die europäische Wasserrahmenrichtlinie. Ob diese Maßnahme der natürlichen Gewässerentwicklung, welche mit 85% vom Ministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert wurde, erfolgreich war, wurde im Januar 2022 überprüft. Hierzu wählten wir die ca. 100 m langen Abschnitte des Düsterbachs vor und hinter dem Forstweg als Untersuchungsgebiet aus (Abb. 1-5) und führten hier eine Elektrobefischung durch (eine Genehmigung des Fischereiverbands Saar liegt vor).

Methodik

Die Methode des elektrischen Abfischens (d.h. eine vorübergehende, unschädliche Betäubung der Fische mit einem speziellen Gerät, um diese nach der Artbestimmung wieder zurück ins Wasser zu setzen: Abb. 6) ist eine anerkannte Fangmethode, um ein recht zuverlässiges Bild der Fischbesiedlung kleiner Fließgewässer zu erhalten; bei größeren Flüssen können aber nur repräsentative Ergebnisse der Uferlinie, nicht jedoch der tieferen Stellen gewonnen werden (Lelek & Buhse 1992). Elektrofischen kann daher bei sehr großen Fließgewässern oder Seen an seine Grenzen stoßen bzw. ist dann zumindest mit erheblichem materiellen und personellen Aufwand verbunden (Schenekar et al. 2020) und/oder zusätzliche Erfassungsmethoden wie Netzfang oder Reusen sind nötig (Lelek & Buhese 1992). Auch könnten bzgl. der qualitativen Erfassung u.U. bei einer Elektrobefischung einzelne Arten übersehen werden. Schenekar et al. (2020) wiesen z.B. in einem Fließgewässer in Österreich neun Fischarten mittels Elektrobefischung, jedoch 14 Arten mit Hilfe der im Wasser vorhandenen Umwelt-DNS nach. Letztere molekulare Nachweismethode wird in solch kleinen Streckenabschnitten wie im vorliegenden Fall am Düsterbach jedoch aufwendiger und teurer sein, als eine hier durchgeführte Elektrobefischung. Zudem berichten Schenekar et al. (2020) in einer zweiten Fallstudie am Tiroler Inn von einem umgekehrten Ergebnis, und zwar dass durch die Umwelt-DNS-Analyse zwölf, aber durch die Elektrobefischung 15 Fischarten gefunden wurden. Allgemein ist die Elektrobefischung also eine gute und anerkannte Methode für kleine Fließgewässer (wie den Düsterbach). Sie wird auch in anderen Monitoringprogrammen eingesetzt, etwa beim Nachweis seltener Fischarten in Niedersachsen (z.B. von Schlammpeitzger und Steinbeißer: Finch et al. 2010). 

Ergebnisse und deren Diskussion

Insgesamt wurden 29 Bachforellen (Salmo trutta fario) und elf Groppen (Cottus gobio) nachgewiesen (neun Bachforellen und alle Groppen im unteren und 20 Bachforellen im oberen Untersuchungsabschnitt: Tab. 1). Die Ergebnisse unserer Elektrobefischung zeigen daher, dass (wieder) beide Untersuchungsabschnitte von der Bachforelle besiedelt wurden. Das Vorhandensein von Jungforellen (Tab. 1, Abb. 7-8) in beiden Abschnitten beweist sogar eine erfolgreiche Reproduktion. Jedoch war nur der bachabwärts gelegene, untere Abschnitt von der Groppe besiedelt (Tab. 1, Abb. 9). Dies kann daran liegen, dass der obere Abschnitt zumindest im Frühjahr 2021 fast vollständig ausgetrocknet war (eigene Beobachtungen) und von den Groppen bislang wohl noch nicht wieder „zurückerobert“ wurde. In der Alpenregion geschieht es z.B., dass teilweise ausgetrocknete Bachabschnitte von der Groppe zeitweilig wiederbesiedelt werden (Fischer & Kummer 2000). Die Art ist jedoch auch etwas „wanderfaul“ und die Migrationsaktivität von 88% der von Fischer & Kummer (2000) untersuchten Groppen spielte sich in weniger als 150 m ab (398 Groppen wurden indivudell markiert, 194 mindestens einmal wiedergefangen: Fischer & Kummer 2000). Die Groppe ist eine der Arten von „gemeinschaftlichem Interesse“, weshalb u.a. unser europäisches Natura 2000-Schutzgebiet ausgewiesen wurde (Link).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass bereits in der zweiten Laichperiode der Bachforelle nach Ende der Bauarbeiten der Düsterbach nochmals beidseitig der Verrohrung besiedelt ist und als Laichgewässer dient. Damit wurde der damalige ca. 1,5 m hohe Absturz als Wanderhindernis im Jahr 2020 erfolgreich beseitigt. Bachforellen wandern aktiv im Herbst/Winter kleine Fließgewässer zum Laichen hinauf. Da jedoch bereits 18-20 cm hohe Wanderbarrieren für die Groppe unüberwindbar sind, stellt sie eine noch bessere Zeigerart für die Durchgängigkeit von Fließgewässern dar (Utzinger et al. 2008). Daher sollte daher in den kommenden Jahren (1) die Wasserführung des Düsterbachs im Jahresverlauf beobachtet und (2) eine Elektrobefischung wiederholt werden, um zu evaluieren, ob nach der Bachforelle auch die Groppe die oberen Bachabschnitte wiederbesiedelt.

Literatur:

Finch, O.-D., T. Brandt & J. Schneider (2010): Schlammpeitzger (Misgurnus fossilis) und Steinbeißer (Cobitis taenia) in Fließ- und Kleingewässern der westlichen Steinhuder Meer-Niederung, Niedersachsen. RANA 11: 6-21.

Fischer, S. & H. (2000): Kummer Effects of residual flow and habitat fragmentation on distribution and movement of bullhead (Cottus gobio L.) in an alpine stream. In: Jungwirth, M. S. Muhar & S. Schmutz (Hrsg.): Assessing the Ecological Integrity of Running Waters. Developments in Hydrobiology 149: 305-317.

Lelek, A. &, G. Buhse (1992): Gegenwärtiger Zustand der Artengemeinschaften (1990). In: Lelek, A. &, G. Buhse (Hrsg.): Fische des Rheins. Springer, Berlin, Heidelberg: 37-46.

Schenekar, T., M. Schletterer & S. Weis (2020): eDNA als neues Werkzeug für das Gewässermonitoring – Potenzial und Rahmenbedingungen anhand ausgewählter Anwendungsbeispiele aus Österreich. Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft 72: 155-164.

Utzinger, J., C. Roth & A. Peter (2008): Effects of environmental parameters on the distribution of bullhead Cottus gobio with particular consideration of the effects of obstructions. Journal of Applied Ecology 35: 882-892.


Veröffentlicht am 02.03.2022

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