Im Rahmen der Verkehrssicherheitspflicht müssen regelmäßig und im gesamten Jahresverlauf bruchgefährdete Bäume auf Grundstücken des Zweckverbandes gefällt werden. Eigentlich ist es nach §39 Abs. 5 des Bundesnaturschutzgesetzes verboten „Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen“. Dieses Verbot gilt jedoch u.a. nicht, für „Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können, wenn sie der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen“ (§ 39 Abs. 5 BNatSchG). Die Bäume werden zudem vorab von Fachpersonal auf ihr Quartierpotenzial (d.h. Baumhöhlen, Spechthöhlen, Spalten und Rindenquartiere) und dann auf Besatz durch Vögel, Fledermäuse, Eichhörnchen und Bilche – in Absprache mit dem Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz – überprüft (nur in einem Fall wurde dieses Jahr ein Höhlenbaum entdeckt indem auch Vogelbruten gefunden wurden: der Baum wurde von der Fällung verschont und mit einem Seil gesichert). Eine Vielzahl heimischer Vogelarten brütet in Höhlen und Spalten, welche natürlicherweise im Totholz solch alter Bäume entstanden bzw. in diesem Falle eher entstanden wären. Zudem kann man zwischen sog. „Sekundär- und „Primärhöhlennutzern“ in der Vogelwelt unterscheiden; letztere sind z.B. die meisten heimischen Spechtarten, welche ihre Höhlen selbst anlegen, jedoch werden auch von etwa Hauben-, Sumpf- und Weidenmeise Höhlen in morschem Holz erweitert und teils selbstgeschlagen (Dietz et al. 2013). Sekundär werden Höhlen von einer Vielzahl von Vogelarten als Brutplatz angenommen (Abb. 1). Solche Quartierbäume mit Höhlen, Spalten und abgeplatzter Rinde sind zudem auch überlebenswichtig für viele der heimischen Fledermäuse und andere Säugetiere sowie eine Reihe von Insektenarten, z.B. soziale Insekten wie Hornissen (Tab. 1).
Tab. 1: Im Jahresverlauf werden Quartierbäume von verschiedenen Artengruppen zu unterschiedlichen Zwecken genutzt. Wenn eindeutige Quartiere erkennbar sind, müssen diese folglich im gesamten Jahresverlauf auf Besatz überprüft werden, sollte ein solcher Baum gefällt werden müssen (nach Dietz et al. 2013).
Dieses Jahr mussten verhältnismäßig viele, teils auch ältere Bäume aus Gründen der Verkehrssicherheit zurückgeschnitten oder sogar gefällt werden (alle Standort in der Gemeinde Marpingen). Daher hat sich der Zweckverband Natura Ill-Theel dazu entschieden, verschiedene Typen von Nist- und Fledermauskästen an den Standorten auszubringen, an denen im Jahr 2020 Baumfällarbeiten durchgeführt wurden. Dies geschieht im Verhältnis je mindestens drei Nist- und drei Fledermauskästen pro gefälltem Baum.
Auf Grundlage der Vogelmeldungen auf der Meldeplattform des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (www.ornitho.de) wurden die Nistkastentypen an den drei Standorten angepasst (Tab. 2): In dem Raster, in welchem der Standort in Alsweiler liegt, wurden 2012-2020 Bruten des Stars sicher nachgewiesen. Die lokale Population wird hier mit drei Starenkästen unterstützt. Seit dem 16. Jhd. wurden Nistkästen für Stare genutzt, um die Jungstare daraus entnehmen und z.B. für Suppe verwerten zu können. Im 19. Jhd. wurden Starenkästen dann bereits deshalb aufgehängt weil man die Nützlichkeit der Vögel als natürliche Schädlingsbekämpfer erkannte (Link). Heute ist der Star bundesweit als „gefährdet“ angesehen (Link); seine Brutpaare sind zwischen 1998 und 2009 deutschlandweit um 42% zurückgegangen, hauptursächlich durch die fortschreitende Intensivierung der Landwirtschaft (Link) (Abb. 2).
Da im Mai 2018 hier auch ein bettelnder Jungvogel des Waldkauzes gemeldet wurde, erschien das Aufhängen einer speziellen Nisthilfe für den Waldkauz ebenfalls sinnvoll (Abb. 3). Der Waldkauz leidet ebenfalls oft unter Brutplatzmangel, ist jedoch noch die häufigste unserer Eulenarten; da er konkurrenzstark ist und andere, kleinere Eulen vertreiben kann, wurde darauf geachtet, dass diese in diesem und umliegenden Rastern nicht gemeldet wurden (Link).
Des Weiteren wurden in dem Gebiet bei Alsweiler fünf Nisthilfen für Halbhöhlenbrüter (z.B. Rotkehlchen, Zaunkönig, Amsel) und insgesamt neun für Höhlenbrüter aufgehängt (mit verschieden großen Einfluglöchern für verschiedene Meisenarten oder Kleiber).
Am Standort bei Urexweiler wurden ebenfalls insgesamt drei Nisthilfen für Halbhöhlen- und Höhlenbrüter aufgehängt und in den Rastern am „Engster Ecks“ in Berschweiler sind ebenfalls Bruten des Stars sicher belegt. Auch hier wurden Starenkästen aufgehängt, ebenso Nisthilfen für Höhlenbrüter und Halbhöhlenbrüter. Hervorzuheben sind hier belegte Bruten von Trauerschnäpper und Gartenrotschwanz. Diese Vogelarten werden hoffentlich ebenfalls unsere Nisthilfen annehmen.
Zudem wurden in jedem Gebiet zusätzlich je zwei spezielle Nistkästen für Baumläufer angebracht, da der Gartenbaumläufer überall gemeldet wurde.
Solch genauen Daten wie für die Vögel liegen für die Fledermäuse nicht vor, jedoch können aus Harbusch & Utesch (2008) Angaben zu Häufigkeiten, jahreszeitlichen Vorkommen und Reproduktionsnachweisen der heimischen Arten entnommen werden. Wie Zahn & Hammer (2017) zu Recht darstellen, werden Kästen für Fledermäuse nicht unbedingt von diesen angenommen oder es kann teils Jahre dauern, bis die lokalen Populationen diese akzeptieren. Daher können Kästen nach derzeitigem Kenntnisstand v.a. nicht als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen für den Verlust von Quartierbäumen gelten, was z.B. in Rheinland-Pfalz bereits für Ausgleichskonzepte für die seltene Mopsfledermaus berücksichtigt wird (Isselbächer 2018) Zudem werden diese Kästen, v.a. Flachkästen, meist nur zum Aufenthalt genutzt und nur wenige Arten wie das Braunes Langohr nutzen Kästen auch als Wochenstuben, also zur Reproduktion. Trotzdem können „…bei günstigen Bedingungen Fledermauskästen die Funktion von Einzel-, Zwischenquartieren oder Quartieren für Paarungsgruppen übernehmen… (Zahn & Hammer 2017), auch wenn die Fledermäuse vor Ort sich erst an sie „gewöhnen“ müssen. Jeweils eine Kastengruppe mit einer unterschiedlichen Anzahl und Typen von Fledermauskästen (Höhlen und Flachkästen) wurden daher an jedem Standort ausgebracht (Abb. 6).
Die Annahme aller Kästen wird in Zukunft überprüft und die Höhlenkästen im September gereinigt werden. Der September ist dafür nämlich die beste Zeit, weil die Vogelnisthilfen dann noch weitgehend frei von Nachmietern sind (Link). Auch die Fledermaushöhlen kann man dann reinigen ohne evtl. Wochenstuben zu stören (Link).
Literatur:
Dietz, M. et al. 2013. DBU-Abschlussbericht AZ-26005 Höhlenbäume im urbanen Raum – Teil 2 Leitfaden. Umweltamt, Frankfurt am Main (Link)
Harbusch, C. & Utesch, M. 2008. Kommentierte Checkliste der Fledermäuse im Saarland. In: Atlantenreihe des Ministeriums für Umwelt, Band 4, 265-281. Ministerium für Umwelt & Delattinia, Saarbrücken (Link)
Isselbächer, T. 2018. Arbeitshilfe Mopsfledermaus – Untersuchungs- und Bewertungsrahmen für die Genehmigung von Windenergieanlagen. Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz, Mainz (Link)
Zahn, A. & Hammer, M. 2017. Zur Wirksamkeit von Fledermauskästen als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme. Anliegen Natur 39, 27-35 (Link)